An welchem Tag findet die Bescherung statt und warum?
Eingeschworene Harry Potter-Fans werden diese Szene im Film „Harry Potter und der Stein der Weisen“ kennen. Am Weihnachtsmorgen wird Harry abrupt von seinem besten Freund Ron geweckt. Es ist der Morgen des ersten Weihnachtstages und das bedeutet in Großbritannien, dass die weihnachtliche Bescherung bevorsteht. Also folgt ihm der noch verschlafene Harry in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum und entdeckt auch Geschenke für sich vor dem Kamin. Darunter ist auch ein Geschenk von Rons Mutter, die ihm einen selbstgestrickten Weihnachtspullover geschickt hat. Es ist das erste richtige Weihnachtsgeschenk seines Lebens. Vielleicht hast du dich als deutscher Leser an dieser Stelle gewundert. Warum bekommen die Jungs ihre Geschenke erst am Morgen des 25. Dezember ? Auch wenn Christen im Allgemeinen demselben Glauben folgen, gibt es überraschend viele Varianten des Weihnachtsfestes. Welche Länder welche Variante bevorzugen und warum es diese Unterschiede gibt, erfährst du in diesem Blogbeitrag.
Der 24. Dezember
In Deutschland kennen wir den Heiligen Abend als unumstrittenen Abend der Bescherung. Oftmals wird nach dem Gang zum Weihnachtsgottesdienst das Weihnachtsmahl serviert, worauf die Bescherung der Familie folgt. Je nach Haushalt findet sie am Nachmittag oder zu einem späteren Zeitpunkt des Abends statt. Um zu verstehen, warum hierzulande dieser Zeitpunkt gewählt wurde, müssen wir etwas weiter ausholen. Ursprünglich fand die Bescherung in Deutschland sogar am 06. Dezember in Verbindung mit der Verehrung des Heiligen Nikolaus statt. Da allerdings die Reformation die Heiligenverehrung diskreditierte, begannen die Protestanten zuerst die Bescherung in der Nacht von 24. Auf den 25. Dezember zu zelebrieren, also zur Geburt des Christuskindes. Allmählich schloss sich dem auch der katholische Glaube an. Zu diesem Zeitpunkt sahen deutsche Kinder ihre Geschenke auch erst am Morgen des Ersten Weihnachtstages, da die wenigsten Kinder bis nach Mitternacht wachblieben. Genau aus diesem Grund wurde die Bescherung vorverlegt. Anstatt die Kinder lange aufbleiben zu lassen oder sie länger auf die Folter zu spannen, bürgerte sich als Bescherungszeitpunkt der Abend des 24. Dezembers ein. In seltenen Fällen halten sich auf auch noch Deutsche an die ursprüngliche Konzeption der Bescherung nach Mitternacht zwischen dem 24. und dem 25. Dezember. Neben Deutschland haben laut Wikipedia auch andere deutschsprachige Länder, die nordischen Länder Europas, Ungarn und Argentinien diese vorgelagerte Bescherung übernommen.
Der 25. Dezember
Der Morgen des ersten Weihnachtstages, also der traditionelle Bescherungszeitpunkt, erfreut sich besonders im englisch- und französischsprachigen Raum großer Beliebtheit. Neben der religiösen Begründung, die ich oben bereits erläutert habe, spielt hier auch der moderne Mythos des Weihnachtsmannes eine Rolle. Demnach steigt dieser in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember durch den Kamin in die Häuser der Menschen ein und verteilt seine Geschenke. Deshalb liegen die Geschenke am Weihnachtsmorgen zumeist in der Nähe des Kamins. Zusätzlich hängen Kinder oft an Heiligabend ihre Strümpfe an den Kamin oder vor die Haustüre, damit Santa Claus bzw. Père Noel diese mit seinen Gaben befüllen kann. Gelegentlich werden dem Weihnachtsmann auch Milch und Cookies hinterlassen. Dadurch, dass diese am nächsten Morgen verschwunden sind, erkennen die Kinder, dass der Weihnachtsmann da gewesen sein muss.
Der 01. Januar
Ein alternativer Termin für die Weihnachtsbescherung ist Neujahr. Dieser ungewöhnliche Bescherungstag ist mir nur aus Griechenland bekannt. Griechische Christen begründen ihre Wahl wie folgt. Traditionell fällt die Bescherung mit dem in Griechenland verehrten Heiligen Vassilius zusammen. Dieser gilt aufgrund seiner Wohltätigkeit und dem Schutz von Kindern als griechischer Weihnachtsmann. Da sich dessen Namenstag am 01. Januar jährt, ist es nur logisch, dass auch an diesem Tag die Geschenke ihren Weg vor den Kamin finden.
Der 06. Januar
Einige Länder, darunter große Teile Spaniens und Italien, legen die Bescherung auf den Dreikönigstag. Die Begründung liegt auf der Hand. Kaspar, Melchior und Baltasar erreichten die Scheune, in der das Christuskind geboren worden war, am 06. Januar und übergaben ihm an diesem Tag ihre Geschenke. Das wollen ihnen besagte Länder gleichtun. So wird in Spanien die Ankunft der drei Könige mit Umzügen am Vorabend gefeiert. In Italien hat sich dagegen eine völlig andere Tradition etabliert. Traditionell bringt dort eine hässliche Hexe namens Befana die Geschenke. Diese soll auch die Hirten nach Bethlehem geschickt haben und ihnen schließlich am 06. Januar gefolgt sein.
Der 07. Januar
Dieser Tag ist wahrlich der Außenseiter der Bescherungstage. Dieses außergewöhnliche Datum lässt sich vor allem auf den Kalender der koptischen Christen zurückführen. Koptische Christen feiern nämlich am 29. Kiakh Weihnachten. Das ist im gregorianischen Kalender, also unserem modernen, westlichen Kalender, der 07. Januar. An diesem Tag wird sowohl das Weihnachtsfest gefeiert als auch Geschenke überreicht. Koptische Christen sind vor allem in Ägypten und Äthiopien vorzufinden. Vereinzelte Länder in Osteuropa und Asien feiern die weihnachtliche Bescherung ebenfalls am 07. Januar, allerdings aus anderen Gründen. Nordmazedonien, Serbien, Russland, Transnistrien, die Ukraine und Georgien zelebrieren das Weihnachtsfest am 07. Januar, da dieser im julianischen Kalender, den die orthodoxe Kirche bevorzugt, auf den 25. Dezember fällt. Sprich, hier wird auch im Anschluss an die Geburt Christi gefeiert, allerdings nach einem anderen Zeitzählungssystem.
Mittelpunkt aller Systeme ist das Feiern der Geburt Christi. Ob man nun zur Ankunft der drei Könige in Bethlehem die Geschenke aushändigt oder schon zur offiziellen Geburt des Christuskindes die Bescherung begeht ist regional abhängig. Falls du also einen Weihnachtspullover an ausländische Freunde schicken willst, achte am besten darauf, an welchem Tag diese ihr Geschenk erhalten sollten. Eine schöne Bescherung, wann sie auch bei dir sein mag!