Dun Che Lao Ren – Der chinesische Weihnachtsmann

Ich bin mir sicher, dass auch du noch die Geschichten von Weihnachten in anderen Teilen der Welt aus deiner Kindheit kennst. Ob es unsere Eltern waren, die Grundschullehrer oder ein beliebiges Kinderbuch, sie erzählten alle die gleichen Geschichten. In den Vereinigten Staaten kommt nicht der Weihnachtsmann sondern Santa Claus, in Brasilien kommt der Weihnachtsmann an den Strand, auch in Australien kommt der Weihnachtsmann im Sommer, in Russland kommt dagegen Väterchen Frost und mancherorts in Deutschland kommt noch das Christkind in das Wohnzimmer der Gläubigen. Schon immer fand ich die Geschichten über Weihnachten im Ausland unglaublich spannend. Ich wollte wissen, wie andere Menschen den wichtigsten Tag meines kindlichen Lebens feierten. Heute finde ich diese Geschichten nicht weniger spannend, doch frage ich mich: Welche Rolle spielt Weihnachten eigentlich in Ländern, die nicht vom Christentum geprägt sind? Gibt es dort überhaupt Weihnachten? Was passiert dort zwischen dem 24.12. und dem 06.01.?  

 

Die Volksrepublik China  

Wie feiert ein Land Weihnachten, das dafür bekannt ist, Religion eine geringe Bedeutung beizumessen? Statistiken zufolge sind etwa 2-6% der chinesischen Bevölkerung Christen. Da sind konkret zwischen 30 und 80 Millionen Christen in den Grenzen der kommunistischen Volksrepublik. Die restliche Bevölkerung wird den weiteren anerkannten Religionen, nämlich dem Islam, Daoismus und Buddhismus, zugeordnet, wobei viele Bürger offiziell keiner Religion zugeordnet werden. Das liegt unter anderem daran, dass der chinesische Volksglaube, dem etwa 30% der Bevölkerung angehören, von der kommunistischen Regierung nicht als Religion anerkannt wird.  

 

Das christliche Weihnachtsfest in China  

Den chinesischen Christen ist das Weihnachtsfest mindestens genauso wichtig wie den deutschen Christen. Berichten zufolge sind die Kirchen Chinas an Weihnachten hoffnungslos überfüllt; vielen soll das Weihnachtsfest auch wichtiger als das chinesische Neujahr sein. Doch wie es in allen christlichen Ländern der Fall ist, haben auch die chinesischen Christen eigene, regionale Bräuche entwickelt. So werden an Weihnachten besonders viele Äpfel gegessen, was als Zeichen des Friedens gilt. Dieser Brauch lässt sich aus der Ähnlichkeit der Wörter “Apfel” und “Frieden” in Mandarin ableiten. Natürlich gibt es auch bei den chinesischen Christen eine Version des Weihnachtsmannes. Dieser hört auf den Namen “Dun Che Lao Ren” und hinterlässt den sehnsüchtigen Kindern ihre Geschenke in zuvor aufgehängten Weihnachtsstrümpfen. 

 

Nicht-Christen und “Weihnachten” in China  

Nach Berichten von Christenverfolgung auf dem chinesischen Festland mag es zwar verwunderlich klingen, aber das christliche Weihnachtsfest gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das trifft vor allem auf die Mainstream-Kultur der Metropolen und autonomen Regionen wie Taiwan zu. Dort sind weihnachtliche Bräuche nicht nur in christlichen Haushalten vorzufinden. Viele andere Familien zelebrieren mittlerweile eine abgespeckte Version des christlichen Weihnachtsfestes, manchmal nur, um ihre Kinder wie die christlichen Kinder zu beschenken. Oft ist dabei die religiöse Bedeutung des Festes von untergeordneter Bedeutung oder sogar unbekannt. Tatsächlich hat das Weihnachtsfest vor allem aus wirtschaftlichen Gründen Einzug in diese Bevölkerungsgruppen erhalten. Durch die Werbung von Weltkonzernen gelangten Weihnachtstraditionen wie das Vergeben von Geschenken, der Schokoladenkonsum, Weihnachtsbäume oder das Auftreten des Weihnachtsmannes in die fernöstlichen Metropolen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass beliebte Weihnachtstraditionen von Nicht-Christen Shopping, Feiern und gemeinsame Restaurantbesuche sind; an Heiligabend wohlgemerkt. Folglich sind auch in chinesischen Supermärkten bereits Massen von hässlichen Weihnachtspullovern von ausgefallenen Designs und Ähnlichem aufzufinden, obwohl nur eine Minderheit ernsthaft die Geburt Christi zelebriert.  

 

Das (inoffizielle) Fest der Gemeinschaft 

Der gesellschaftliche Konsens liegt an Weihnachten in der Gemeinschaft. Ob Christ, der aus religiösen Gründen feiert, oder Nicht-Christ, der shoppen gehen will; ob Festland, wo das Weihnachtsfest in den Metropolen erstrahlt, oder autonomes Gebiet, wo Weihnachten aufgrund der kolonialen Vergangenheit den höchsten Stellenwert genießt; am Ende ist vielen Chinesen an Weihnachten besonders Eines wichtig: Das Treffen von Freunden und Familie und das gemeinsame Verbringen eines traumhaften Abends. Auch wenn das Weihnachtsfest zwischen dem 24.12. und dem 06.01. auf dem chinesischen Festland weder für Nicht-Christen noch für Christen ein offizieller Feiertag ist, hat das Fest doch einiges mit unserem deutschen Weihnachtsfest gemeinsam. Denn am Ende besinnen wir uns alle auf die Personen in unserem Leben, die uns am meisten am Herzen liegen.